Faschismus-Tagung des DFV Bayern am 15. November 2025 in München
rund 20 Freidenkerinnen und Freidenker aus ganz Bayern zu einer vierstündigen offenen Mitgliederveranstaltung im Münchner Eine-Welt-Haus zusammen. Themen waren die Einschätzung und das Verhältnis zur Partei AfD sowie die Frage nach der politischen Bündnisarbeit der Freidenker, insbesondere beim Thema Frieden.
Anlass der sogenannten „Faschismus-Tagung“ war eine Stellungnahme des Freidenker-Landesverbands Niedersachsen kurz vor der Bundestagswahl 2025, in der die Partei AfD als mögliche Wahlalternative für den Frieden dargestellt worden war. Dies hatte im Landesverband Bayern ein großes, negatives Echo hervorgerufen. Bei der Landesmitgliederversammlung am 1. März wurde deshalb beschlossen, dass man um eine sofortige Entfernung der Stellungnahme bittet, weil die Freidenker parteifrei sind, und dass per Initiativantrag eine Faschismuskommission eingerichtet wird. Diese Kommission bereitete dann die Landesmitgliederversammlung am 15. November inhaltlich vor.

Eingeladen wurden der Ökonom und Publizist Conny Renkl aus Berlin sowie der Politikwissenschaftler Michael Kraus aus Schweinfurt, Vorsitzender des neu gegründeten Freidenker-Ortsverbands Schweinfurt/Würzburg, die ein jeweils 45-minütiges Impulsreferat zum Einstieg in die Tagung hielten. Anschließend wurde über die Vorträge debattiert. Dabei orientierten sich die beiden Referenten eng an sechs Leitfragen als Arbeitsauftrag:
Conny Renkl bei seinem Einstiegsreferat z
Foto: Michael Kraus
1) Was sind Kriterien zur Begriffsbestimmung des Faschismus – und durch was zeichnen sich faschistische Parteien sowie Bewegungen aus?
2) Ist die AfD eine faschistische oder präfaschistische Partei?
3) Sind Erkenntnisse aus der Entstehungszeit des Faschismus Anfang des 20. Jahrhunderts nur von historischem Wert oder auch heute noch nutzbar?
4) War der Faschismus als Massenbewegung eine rein historische Bewegung in einer bestimmten Zeit oder wird er weiterhin vom Kapital für Krisen benötigt?
5) Wie kann die Bündnispolitik der Freidenker aussehen, insbesondere in der Friedensfrage – und wieviel Offenheit nach links bzw. rechts ist hier denkbar?
6) Frieden, Arbeiterklasse und Klassenkampf: Wo bestehen Ansatzpunkte für eine fortschrittliche Arbeit der Freidenker zur sinnvollen Verbindung dieser Themen?
In den beiden Referaten gab es mit der Dimitroff-These von 1935 einen gemeinsamen Ausgangspunkt: Demnach ist der Faschismus „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals.“ Auch war für beide klar, dass die AfD keine Friedenspartei ist und kein Bündnispartner der Freidenker sein kann. Zudem waren sich Renkl und Kraus einig, dass es breiter demokratischer Bündnisse für den Frieden bedarf, wobei über die Breite im Detail diskutiert werden müsse. Differenzen bestanden bei der Einschätzung des Wesens der AfD als „präfaschistische Partei“ (Renkl) bzw. als „rechtspopulistische Partei“ (Kraus). Einig war man sich auch, dass der Kampf gegen Kapitalismus, Krieg und Faschismus eine Einheit ist und nicht geteilt werden kann.
In der Debatte nach den Eingangsvorträgen wurde klar, dass die Auffassungen zur AfD in der Mitgliedschaft ähnlich weit auseinandergehen wie zwischen den Referenten. Die einen wiesen auf die Ähnlichkeit der Politik der bürgerlichen, neoliberal-imperialen Parteien mit der AfD hin und beriefen auf Christel Buchingers Artikel „Taubenfuß-Faschismus“ im „Freidenker“-Heft Nr. 02/2025[1] sowie auf die Stellungnahme von Klaus Hartmann zur Bundestagswahl 2025[2]. Die anderen betonten, dass die AfD eine grundsätzlich andere, präfaschistische Partei sei und nicht mit den bürgerlichen Parteien verglichen werden sollte, weil dies eine Verharmlosung darstellen würde.
Auch zur Breite der Bündnisarbeit beim Thema „Frieden“ wurde kontrovers diskutiert: Sollen sich die Freidenker vor allem auf das „linke Lager“ konzentrieren oder auch auf demokratische Kräfte aus dem „rechten Lager“ zugehen, also auf Liberale und Konservative? Trotz der unterschiedlichen Auffassungen wurde die Debatte sehr solidarisch und konstruktiv geführt. Zum Ende der Mitgliederveranstaltung war klar, dass die Debatte nicht beendet ist. Insbesondere dürfe man sich durch die AfD-Debatte nicht von der wichtigen praktischen Arbeit in Orts- und Landesverbänden sowie vom alltäglichen konkreten Engagement für den Frieden abhalten lassen.
Autor: Michael Kraus – 19. November 2025
